quote:Tschechische Behörden schränken die Prostitution im Grenzgebiet immer mehr ein. Sozialarbeiter sprechen von einem "beträchtlichen Fortschritt".
Wenn es dunkel wird, senden sie ihr Rotlicht in die Nacht. Seit sich in Tschechien der Eiserne Vorhang hob, sind in zahllosen Orten gleich hinter der Grenze Bordelle entstanden. In Rozvadov zum Beispiel, gegenüber dem bayerischen Grenzübergang Waidhaus, bestimmen neben Tankstellen und Casinos grell aufgeschminkte Nachtclubs noch immer das Bild.
Herzchen und Laternchen leuchten den Männern, die im Auto überwiegend aus dem angrenzenden Bayern herüberkommen.
Allerdings sind im Milieu Veränderungen im Gange. Dies betrifft weniger die stillen Dörfchen als vielmehr die auffälligen Aktivitäten von Straßendirnen in den größeren Städten. Vor allem Eger, in Tschechien Cheb genannt, war lange ein abstoßender Rummelplatz des Sextourismus, vielen Bürgern der Stadt ein Ärgernis.
Auch dort haben sich die Aktivitäten inzwischen teilweise in geschlossene Häuser verlagert, und vermutlich wird sich dieser Trend noch drastisch verstärken. Seit kurzem haben nämlich die Bürgermeister der Gemeinden in Tschechien nach einem Urteil des Verfassungsgerichts das Recht, Sperrgebiete auszuweisen und die Prostitution aus bestimmten Gebieten zu verbannen.
Für Jan Svoboda, den Bürgermeister von Eger, ist es immerhin „ein kleines Schrittchen“. Eigentlich aber wartet er wie andere Stadtoberhäupter seit Jahren frustriert darauf, dass das nationale Parlament in Prag endlich per Gesetz die Prostitution im Land grundsätzlich regelt und beispielsweise Gesundheitskontrollen vorschreibt.
2005 legte die damalige sozialdemokratische Regierung einen solchen Entwurf vor, der das horizontale Gewerbe zum Beruf erklärte und eine Registrierung der Huren sowie die Erhebung von Steuern vorsah, doch fand die Vorlage im Parlament keine Mehrheit. Die Stadt As, nicht weit von Selb entfernt, wies einstweilen mit Schildern, die einen Kussmund zeigten, auf eigene Faust eine Sperrzone aus, doch wurden die Zeichen immer wieder gestohlen.
Merklicher Wandel
Weiter südlich, entlang der bayerisch-tschechischen Grenze, wo in insgesamt rund 75 Bordellen schätzungsweise 350 Prostituierte tätig sind, hatte es solch krasse Phänomene kaum je gegeben.
Elisabeth Suttner-Langer, die in Regensburg für die Regierung der Oberpfalz das Projekt „Jana“ leitet und zusammen mit zwei in Domazlice stationierten Streetworkerinnen die Prostituierten entlang der Grenze betreut, hat einen merklichen Wandel registriert.
Tschechische Behörden, anfangs untätig, haben sich inzwischen aktiv der Problematik angenommen und kooperieren mit deutschen Stellen. Und auch die tschechische Sektion der Organisation „La Strada“, die vor allem die Zwangsprostitution und den Menschenhandel bekämpft, registriert „einen beträchtlichen Fortschritt“, wie die Direktorin Petra Burcikova sagt.
Die Prager Regierung hat einen Aktionsplan erarbeitet und Mittel bereitgestellt. Erst vor zwei Wochen sprengte die Polizei im Raum Eger wieder einen Ring von Zuhältern tschechischer, russischer, ukrainischer, moldawischer und israelischer Staatsangehörigkeit, der Frauen aus Osteuropa als Sex-Sklavinnen verkauft hatte. Die Internationale Organisation für Migration hatte die Freier vor einiger Zeit aufgefordert, aufmerksam zu sein und Hinweise auf Zwangsprostitution an die Behörden weiterzugeben.<!-/quote-!>