BZ vom Montag 27.6.
In der Lyssacher Holiday-Sauna gehen die Öfen aus: Sobald Ikea ihr Möbelhaus an der Bernstrasse ausbaut, muss das als Wellnessclub getarnte Bordell dichtmachen. Das wird noch in diesem Jahr der Fall sein.
Die Kundschaft ist geteilter Meinung: «War ein gutes Erlebnis, aber nicht oberes Level», rapportierte «dreamer 28» nach einem Besuch in der Lyssacher Holiday-Sauna im «Sexy-Tipp». Ein «manseul» verschafft seinem Frust im selben Internetfreierforum welsch-deutsch und deutlich Luft: «Habe eine sehr schlechter Treff mit eine Blondine. Sehr passif, agressif. Service war die schlechte wie habe ich bis heute.»
Ein «Kenner der Sirenen» hingegen lobt die «sauberen, aber eher kleinen Räumlichkeiten». Pluspunkte gabs dafür, dass «Duschen vorher und nachher möglich» sei. Negativ fiel ihm auf, dass «ein Whirlpool fehlt», doch dafür sei «der Eintritt mit 40 Franken günstig bemessen». Die Unkosten für Dienstleistungen, die über das eigentliche Saunieren hinausgehen, beliefen sich auf «100 für GV, 150 für GV+F etc.»
So oder so wird der Betrieb an der Bernstrasse 21 im Lyssacher Industriegebiet bald schliessen. «Der Club kann seinen Betrieb so lange führen, bis Ikea mit dem Ausbau ihres Gebäudes beginnt», teilt der Lyssacher Gemeindeschreiber Markus Moser auf Anfrage mit.
Das heisst, dass der Holiday-Sauna irgendwann in den nächsten sechs Monaten das Aus droht. Denn Hans Kaufmann, der Direktor der Ikea- Immobilien AG, bestätigt, was die Verantwortlichen des schwedischen Einrichtungshauses schon Anfang Juni bekannt gegeben hatten: «Wir werden noch in diesem Jahr mit der Erweiterung des bestehenden Gebäudes und dem Parkhausneubau beginnen.» Ikea erstellt auf der so genannten Bantam-Parzelle ein Parkhaus mit 536 Parkplätzen; wo heute die Sequencer-Disco steht, wird in absehbarer Zeit ein Auslieferungslager hochgezogen.
Davon, dass diesen Expansionsprojekten ein Bordell zum Opfer fallen wird, hat Kaufmann «bis jetzt gar nichts gewusst.» Er sei, sagt er, «immer davon ausgegangen, dass es sich dabei um eine ganz gewöhnliche Sauna handelt.» Allzu grosse Kopfschmerzen bereitet ihm das Schicksal seines Nachbarbetriebs nicht: «Wir sind mit der Planung für unsere Aus- und Neubauten ausreichend ausgelastet.»
}Was Elisabeth Bühlmann, die Geschäftsführerin der Holiday-Sauna, zum bevorstehenden Ende ihres Betriebes meint, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden. Die Chefin war tagelang nicht zu sprechen. Grosse Zukunftspläne scheint Bühlmann mit ihrem Bordell indes nicht mehr zu wälzen: Ein beim Internet-Rotlicht-Szenenführer «contactnet» längst aufgegebenes Inserat hat sie noch nicht freischalten lassen. Ausser einer nur mit dem Nötigsten bekleideten Frau ist auf der Homepage der Holiday-Sauna seit Wochen nichts zu sehen. Interessierte Surfer und potenzielle Gäste werden bis auf weiteres «um etwas Geduld» gebeten.
Auf dem Schreibtisch von Remo Leibundgut vom Untersuchungsrichteramt Emmental-Oberaargau liegen zwei Anzeigen. Beide richten sich gegen Elisabeth Bühlmann, Geschäftsführerin der Lyssacher Holiday-Sauna. Erstattet hat sie die Kantonspolizei nach einer Razzia, welche am Abend des 15. Juni im Sexclub an der Bernstrasse 21 stattgefunden hatte.
Dabei wurden eine 30-jährige Ungarin und eine 28-jährige Tschechin verhaftet und in Ausschaffungshaft gebracht (wir berichteten). Ob die Frauen bereits ausser Landes gebracht worden sind, ist aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht zu erfahren. Laut Untersuchungsrichter Leibundgut konzentrieren sich die Ermittlungen darauf, ob Elisabeth Bühlmann gegen das «Gesetz über den Aufenthalt und die Niederlassung von Ausländern» verstossen und Schwarzarbeit in ihrem Betrieb zumindest toleriert hat. Falls der Clubchefin ein Vergehen nachgewiesen werden kann, drohen ihr gemäss Strafgesetzbuch bis zu sechs Monate Haft und/oder eine Busse bis zu 10 000 Franken.
Entscheidend wird sein, ob die Frauen als vertraglich an Bühlmann gebundene Angestellte in der Sauna tätig waren oder ob sie bei den Gästen als Freischaffende Hand anlegten. «Wo keine Angestellten, da keine Schwarzarbeit»: Nach dieser Devise hebeln immer mehr Puffbetreiber das Arbeitsgesetz aus. Im Recherswiler Freubad zum Beispiel bezahlen die Frauen den normalen Eintritt und arbeiten dann auf eigene Rechnung. «Was sie mit den Gästen veranstalten, geht uns nichts an», sagt Thomas Leuenberger, der Geschäftsführer des gemäss Eigenwerbung «grössten Bordells der Schweiz».
Laut Kapo-Sprecher Peter Abelin wurden im Kanton Bern im letzten Jahr vier Betreiberinnen oder Betreiber von Sexsaunen angezeigt