Literatur

@ Der wars!!! Nur der von der von der Grün mit hässlichen hellbrauen Kunstledersitzen drin.

Let’s the good times rolling

Man, war das eine scharfe Zeit, ich war jung und unverdorben…

Da stand doch später, auch in der Brunau, so eine scharfe Nutte. Nicht mehr die Jüngste, aber sooooo eine scharfe Braut. So richtig old style mit Pelzmantel und weissen Strapsen darunter…

Boah, da hab ich manch spritziges Erlebnis gehabt.

Und noch Statistikfutter:
Opel hat 1979 angefangen den Kadet D zu bauen.

@Pepsi
Wo hast du den DIE noch getroffen? Das darf doch nicht war sein!!

Gibs doch zu du warst letzthin im Ballenberg.

also da habe ich eine ähnliche beobachtung gemacht: wer steht denn manchmal so im schatten beim maxim, sieht etwa 70jährig auf 38jährig getrimmt aus und ähnelt stark der ehemals legendären zora? vielleicht kann mich da ein insider aufklären, ich ziehe da ja nur so alle 3 monate um die blöcke …

@Fuck

Ich weiss ja auch nicht mehr genau, aber dier rote Zora hatte doch noch Zähne im Mund, oder?
Also kanns unmöglich die beim Maxim sein!

Aber für FO Liebhaber sicher DER Geheimtipp, bei zieht dann die vielgelesene Beschwerde -Zuviel Zahneinsatz- sicher nicht mehr.

Tamara Domentat:

„Lass dich verwöhnen Prostitution in Deutschland.“

Berlin: Aufbau Verlag 2003, ISBN 3-351-02550-5, 335 Seiten

Eine Rezension von Arne Hoffmann

Tamara Domentats fulminantes Aufklärungswerk „Lass dich verwöhnen“ räumt gekonnter mit Mythen aus dem Bereich der Sexualität auf als jedes andere Buch, das ich dazu in den letzten Jahren gelesen habe. Dabei hat sich Domentat auf ein spezielles Thema aus dem Gesamtgebiet Sexualität konzentriert: Ihr Werk ist eine Zusammenstellung populärer Irrtümer über die Prostitution. 72 hartnäckig erhalten gebliebene Klischees werden von ihr nacheinander auf den Prüfstand gestellt und wenn nicht komplett widerlegt, dann doch zumindest sehr stark ausdifferenziert.

Domentat macht von Anfang an deutlich, dass sie schon, als sie Bekannten von ihren ersten Forschungsergebnissen berichtete, auf starken Unglauben stieß.

Die befragten Prostituierten hatten sich mit ihrem Job nämlich sehr zufrieden gezeigt. Und die Art, wie sie das taten, wirkte auf Domentat nach immerhin zwei Jahrzehnten Erfahrung mit Interviews glaubwürdig und stimmig.

Wenn immer Domentat aber die positiven Eindrücke ihrer ersten Bordellkontakte vermeldete, wiegten die Männer bedenklich den Kopf und die Frauen erklärten „Also ich könnte das nicht!“ - so als ob ihnen gerade ein Berufswechsel nahegelegt worden wäre. Obwohl diese Skeptiker bei den Interviews nicht anwesend gewesen waren, zeigten sie sich überzeugt, dass die Huren Domentat und sich selbst in die Tasche gelogen hatten. Daraufhin ließ Domentat drei Jahre Recherche folgen, in denen sie nicht nur mit etwa 140 Prostituierten und Kunden sprach, sondern auch mit ExpertInnen aus den unterschiedlichsten Projekten sowie Sozial- und Sexualwissenschaftlern, und in denen sie zahlreiche Studien, Erhebungen, Artikel und andere Quellen sichtete. Das Ergebnis dieser intensiven Ermittlungen: „Dass die Prostitution in vielen Segmenten freiwillig, selbstbestimmt und gleichberechtigt abläuft, ist weder Fiktion noch Schönfärberei, sondern alltägliche Realität.“ Es sei überfällig, Prostitution „nicht länger als problembeladenen Lebensentwurf zu dämonisieren, sondern als sexualisierten Lebensstil anzuerkennen, als Recht des einzelnen auf Freiheit und Selbstverwirklichung“.

Zu den Klischees, die Domentat sich vornimmt, gehört etwa, dass nur Geldnot Frauen in die Prostitution treiben könne. Tatsächlich werde dieser Grund oft vorgeschoben, weil die Sexarbeiterinnen durch die Erwähnung finanzieller Not oft die einzige Möglichkeit sahen, um nicht entweder als nymphomane Schlampen oder aber als sexuell/emotional gestört abgewertet zu werden. Als die Prostitutionsforscherinnen Steffan und Leopold ihre Probandinnen befragten, bekamen sie allerdings ganz unterschiedliche Gründe zu hören, darunter: sexuelle Neugier, Tabubruch, Bestätigung und Lust auf neue Erfahrungen.

Das Klischee, dass Frauen durch Sexarbeit unweigerlich psychischen Schaden nehmen würden, führt Domentat hingegen auf eine selektive Wahrnehmung zurück: „So suggerierte eine 1998 erschienene Fünf-Länder-Studie über die psychischen Auswirkungen der Prostitution durch ihre globale Orientierung den Anschein von Repräsentativität, untersuchte aber de facto in allen Ländern - Südafrika, Thailand, Sambia, der Türkei und den USA - nur Elends- und Drogenprostituierte.“ Wen wundert da das Ergebnis, dem zufolge die überwiegende Mehrheit der Befragten an posttraumatischen Stresssyndromen litt? Ähnlich einäugig verlief die Forschung in Deutschland: 1999 vergab die Berliner Ärztekammer einen Preis für die Examensarbeit einer Psychologin über „Prostitution und Gesundheit“. Befragt hatte die Studentin Beratungsstellen und Interessengruppen, die hier ein Armuts- und Notlagenproblem vermeldeten. Dazu Domentat: „Niemand hätte ernsthaft etwas anderes erwartet, denn schließlich verdanken die Akteure an der Beraterfront ihre Legitimation den weniger privilegierten Prostitutionssegmenten, und ihre Angebote richten sich fast ausschließlich an diese Zielgruppe.“

Tatsächlich stelle seit den neunziger Jahren eine neue Generation von Sexual- und Prostitutionsforschern die Vorstellung von der grundsätzlich entwürdigenden Sexarbeit international in Frage. Erste überraschende Erkenntnisse: Die Prostituierten erlebten in ihrem Privatleben mehr Orgasmen als andere Frauen, und in einer Studie über Dominas berichteten 90 Prozent der Befragten von positiven Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf ihre Lebensqualität und ihr Gefühlsleben.

„Wer den sozialen Wert, den therapeutischen Nutzen der eigenen Arbeit kennt und seine berufliche Identität akzeptiert“, folgert Domentat, „fühlt sich vor selbstwertmindernden Botschaften besser geschützt als Frauen mit negativem Selbstbild.“ Als belastend erlebt wird oft nicht der Job selbst, sondern das damit verbundene Doppelleben und der Ruch der „Abartigkeit“, wenn frau offen darüber spricht, Spaß bei ihrer Arbeit zu haben. Aus Angst vor solchen Abwertungen schweigen viele Prostituierte lieber darüber.

Domentat ist sich sicher: „Zwischen den Sexualprojektionen unserer Gesellschaft und dem subjektiven Empfinden vieler Frauen klafft ein Abgrund der Ignoranz und der Vorurteile.“

Ein unsinniges Klischee sei es auch, wenn man davon spreche, dass eine Prostituierte ihren Körper verkaufe oder gar ihr Selbst. Tatsächlich bietet sie eine Dienstleistung an. Warum verkauft in unser kulturellen Wahrnehmung nur eine Prostituierte ihren Körper und ihr Selbst und nicht etwa ein Bauarbeiter? Domentat zufolge ist „die Unterscheidung zwischen asexueller Arbeitskraft und Sexarbeit zutiefst willkürlich und basiert auf der Prämisse: Der Mann HAT ein Geschlecht, die Frau IST ihr Geschlecht.“ Eine solche Gleichsetzung sei aus mehreren Gründen fragwürdig: Es finde keine Unterscheidung statt zwischen erzwungener und eigenverantwortlicher Prostitution, fairen und unfairen Arbeitsbedingungen. Die Abwehrmechanismen des Ich würden ebenso unterschätzt wie die Handlungsspielräume von Dienstleisterinnen und ihre Möglichkeiten, eigene Interessen durchzusetzen.

Und nicht zuletzt kehrten „die Feministinnen unter den Prostitutionsgegnern auch das sexuelle Selbstbestimmungsrecht unter den Teppich, das sie in puncto Abtreibung und sexualisierter Gewalt nie müde wurden ins öffentliche Bewusstsein zu tragen.“ Es gebe keinerlei Anzeichen dafür, dass Frauen psychosexuell weniger robust seien als Männer. „Ebenso wie wir heute nicht mehr davon sprechen, dass Jungfrauen ihre Unschuld verlieren, sollte auch das Stereotyp von der Prostituierten, die ihren Körper (oder ihr Selbst) verkauft, auf dem Friedhof der Sprachklischees eine letzte Ruhestätte finden.“

Dass Frauen sich immer aus einer Zwangslage heraus prostituierten, sei ein weiteres Klischee. „Glaubt man den Moralisten“, so Domentat, „so stehen Sexarbeiterinnen von Anfang an unter Druck: Bei der Zwangsprostituierten steht ein skrupelloser Zuhälter, bei der Beschaffungsprostituierten die Droge, bei der Elendsprostituierten die materielle Notlage, bei anderen ein frühes Missbrauchstrauma Pate beim Einstieg in die Welt des käuflichen Sex.“

Diese Opferrhetorik reduziere jedoch die komplexe Entscheidungsfindung vieler Frauen auf einen zentralen Beweggrund, unterstelle den Frauen minimale Handlungskompetenzen und ignoriere „eine psychologische Grundregel: dass wir in beinahe jeder Situation Wahlmöglichkeiten haben.“ Entgegen dem Klischee sei Zwangsprostitution durch brutale Zuhälter wie im Krimi eine Randerscheinung der hiesigen Sexarbeitsszene. Zum einen sei die internationale Nachfrage nach entsprechenden Arbeitsplätzen in Deutschland so stark, dass Bordellbetreiber in keiner Hinsicht darauf angewiesen seien, Frauen erst überlisten oder prügeln zu müssen. Zum anderen sei die Zwangsprostitution für viele ihrer Betreiber ein Verlustgeschäft: „Verstört wirkende Frauen haben wenig Sex-Appeal, schrecken Gäste durch ihr apathisches oder verzweifeltes Erscheinungsbild ab und werfen ein ungünstiges Licht auf den Laden.“

Beim Thema Frauenhandel laufe insbesondere die „feministisch inspirierte Beratungsform (…) zu Hochform auf und verzerrt mit ihren simplen Täter-Opfer-Klischees nicht nur die Realitäten (…), sondern redet ihren Klientinnen einen Teil ihrer Probleme regelrecht ein“. Wenn Fußballspieler aus der Dritten Welt völlig legal und sehr lukrativ nach Europa verkauft werden, wird das nicht als moralisches Problem gesehen. Geht es hingegen um Sex, halten sich in unseren Köpfen Mythen wie aus dem düstersten Kriminalroman. „Während Expertinnen den Anteil der Migrantinnen, die unter Zwang oder Vortäuschung falscher Tatsachen in die Sexarbeit einsteigen, eher als Randphänomen bewerten, wird die Zwangsprostitution von den Medien mit tatkräftiger Unterstützung einiger Lobbyisten so aufgebauscht, dass zwangsläufig der Eindruck entsteht, jede osteuropäische Sexmigrantin würde gegen ihren Willen von einem Mafia-Russen nach Deutschland verschleppt.“

Expertinnen vor Ort, etwa die Sprecherin eines Frauenhandelsprojekts in Warschau, beurteilen die Situation differenzierter und weisen darauf hin, dass sich etwa zwei Drittel der Frauen mit ihrem zukünftigen Job vorher auseinandergesetzt hatten und wussten, was sie erwarten würde. Viele Illegale betrachteten diese Tätigkeit als Geschäft: Sie kauften sich darin ein wie in einen Betrieb, von dem sie sich langfristig einen Gewinn versprächen, und diese Investition müssten sie nun abarbeiten. Insofern fänden sie sich in den Medienklischees über Sexsklavinnen, wie sie ja auch von NGOs verbreitet würden, nicht wieder. Manche Osteuropäerinnen, die bei Razzien in Bordellen aufgegriffen würden, berichteten aus Scham oder aus Angst vor einer sofortigen Abschiebung, dass sie zur Prostitution gezwungen worden seien. Obwohl sie aus eigenem Antrieb emigriert waren, flüchteten sie nun in die Opferrolle. „Ihre der eigenen moralischen Entlastung dienenden Argumentationen“, so Domentat, „gehen aber als Straftatbestände in die jährliche Frauenhandelsstatistik ein, die jedesmal ein breites Medienecho findet“.

Tatsächlich existiere mittlerweile eine internationale Infrastruktur, bei der Frauen, die als Prostituierte in Deutschland gute Erfahrungen gemacht haben, ihre Freundinnen und Cousinen aus ihren Heimatländern zu uns holten.

In diesem Zusammenhang richte die US-amerikanische Soziologin Wendy Chapkis scharfe Kritik gegen Feministinnen, die mit ihren Forderungen nach repressiven Maßnahmen „eine Selbstorganisation der Illegalen verhindert, indem sie die Frauen als passive, unschuldige Opfer darstellt“. Tatsächlich ließe sich der missbräuchliche Frauenhandel viel effektiver bekämpfen, indem man den freiwilligen Frauenhandel entkriminalisiere und von seinem Stigma befreie. Auch in der linken deutschen Zeitschrift „Jungle World“ fragte eine Kennerin der Szene unlängst, warum sich die feministische Front nicht ganz vom Begriff des Frauenhandels verabschiede. Sie liefert die Antwort gleich mit: „Dagegen spricht vor allem, dass sie mit diesem Thema noch am ehesten an staatliche Finanzierungen kommt. Viele Frauen-NGO haben sich früher einmal wegen der politischen Konkunktur des Themas auf extreme Menschenrechtsverletzungen in der Sexarbeit spezialisiert; heute geht es nicht wenigen um Selbsterhaltung.“ An ihren Taten, so Domentat, ließen sich die selbsternannten Gutmenschen jedenfalls nicht messen: Während in Thailand und Nepal Menschenrechtler tatsächlich verschleppte Mädchen aus ihren Bordellen befreiten, blieben hierzulande entsprechende Aktionen für die wahren Sexsklavinnen aus, während selbstbestimmte Prostitution in Bausch und Bogen mit verteufelt werde. Es reiche aber nicht aus, „eine Gruppe von Menschen pauschal zu Opfern zu erklären, sich selbst auf der Seite der Moral zu verorten und zu hoffen, dass die Interessen hinter der Fassade der Tugenden niemandem auffallen werden.“

Domentat klagt an: "Aus Gründen des Selbsterhalts, des Profits oder des Weltbilds verweigern sich die Gutmenschen einer differenzierten Sichtweise.

Mit selektiver Wahrnehmung, starren Feindbildern und fundamentalistischen Positionen vereinnahmen sie die Moral für sich und schaffen ein Diskussionsklima, das differenzierte Fragen und Antworten bewusst unterdrückt." Dabei ignoriere vor allem der feministische Mainstream „die Langzeitfolgen seiner männer- und sexualfeindlichen Dogmen: ein zunehmend unproduktiver Geschlechterkampf, der Männer und Frauen voneinander entfremdet und unter den klarer definierten Vorzeichen der kommerzialisierten Sexualität in alternative Beziehungsformen treibt.“ Eben diese neuen Beziehungsformen sieht Domentat aber auch als Chance: „Die Hure und ihr Gast repräsentieren eine Sexualität, die die Grenzen der Monogamie klar überschreitet. Sie erinnern die Gesellschaft daran, dass die Sexualität frei ist, dass erotischer Genuss und Privatsphäre sich ebensowenig gegenseitig bedingen wie unpersönlicher Sex und Würdeverlust.“ Im Kern sei es das Anliegen der Prostitutionskritiker, ihren eigenen sexuellen Lebensstil auch für alle anderen absolut zu setzen. Das hält Domentat für kein gerechtfertigtes Unterfangen. „Ebenso wie Schwule und Lesben und zunehmend auch Transsexuelle gesellschaftlich akzeptiert werden, sollte auch eine Sexarbeit, die zwischen Erwachsenen in gegenseitigem Einverständnis stattfindet, als eine von vielen Sexualitäten im Rahmen der Zivilgesellschaft anerkannt werden.“ Denn: „Eine humanistische Gesinnung respektiert das Selbstbestimmungsrecht aller an sexuellen Tauschgeschäften Interessierten. Sie bezeichnet Prostitutionskunden nicht als beziehungsunfähig, schwanzgesteuert, unreif oder sexsüchtig und destabilisiert Frauen, die die Sexarbeit mit Hingabe betreiben, nicht mit autoritären Selbsttäuschungsvorwürfen.“ In unserer individualisierten und pluralistischen Gesellschaft verliere eine essentialistische Sexualmoral, die sämtliche Kontexte übergehe, an Gültigkeit und Sinn. Mit dieser Einschätzung stimmt Domentat mit führenden deutschen Sexualforschern wie Gunther Schmidt („Das Verschwinden der Sexualmoral“) überein. Tatsächlich gehören in Domentats Augen Prostituierte ebenso zur sexuellen Avantgarde wie etwa Schwule, da sie „die Sexualität aus der Umklammerung staatstragender ehelicher Pflichten oder einem Überbau an romantischer Liebe“ herauslösten.

Spätestens hier wird deutlich, dass eine Debatte über das scheinbar umgrenzte Gebiet der Prostitution eine Debatte über Sexualität und das Geschlechterverhältnis in unserer Gesellschaft an sich bedeutet. Und hier wird es besonders spannend. Einerseits offenbart sich Domentat in ihrem Buch nämlich immer wieder als in der Wolle gefärbte Feministin. So glaubt sie etwa an die Ausbeutung weiblicher Arbeitskraft im Patriarchat, und häusliche Gewalt scheint für sie grundsätzlich zu bedeuten, dass Männer Frauen prügeln. Auch betont sie, dass ihr Buch ohne ein Stipendium des Förderprogramms Frauenforschung nicht möglich gewesen wäre. So wie viele andere Feministinnen erkennt Domentat aber auf ihrem eigenen Fachgebiet, dass bestimmte männerfeindliche Klischees schlicht unsinnig sind - so etwa dass Männer sexuell aggressiv seien, während Frauen Liebe brauchten, um Sexualität lustvoll erleben zu können. Domentat: „Die populärsten feministischen Parolen vermitteln den Eindruck eines unversöhnlichen sexuellen Interessenkonflikts.“ Dazu gehöre Andrea Dworkins bekannte These, dass heterosexueller Sex eine Kolonisierung von Frauen darstelle, Alice Schwarzers Gleichsetzung von Heterosexualität und Gewalt („Außerdem wird für viele Männer Gewalt gleich Lust sein und darum die Penetration vielleicht heute doch auch das Lustvollste.“) sowie die Behauptung, Pornographie sei die Theorie und Vergewaltigung die Praxis, „die sich trotz anderslautender empirischer Faktenlage in vielen Köpfen festsetzen konnte“. Domentat erkennt hier eine extrem abwertende Darstellung männlicher Sexualität: „Männer waren sexuelle Monstren, penisschwingende Kolonisatoren. Schwanz- und orgasmusfixiert, standen sie den Bedürfnissen und Empfindungen der Partnerin gleichgültig gegenüber, instrumentalisierten ihre Sexualität für Zwecke der Macht, des Erfolgs und der Anerkennung. Dieses feministische Zerrbild entsprach auch in den siebziger Jahren keineswegs der Sachlage. Tatsächlich wiesen Shere Hite sowie die Sexologen Pietropinto und Simenauer schon damals nach, dass Männer mehrheitlich sexuell aktive Frauen bevorzugen, ihre Orgasmen lieber zugunsten einer längeren Lustphase zurückhalten und nicht-koitale Formen sexueller Aktivität ebenso genießen wie den Koitus. Mit solchen und ähnlichen ideologischen Positionen hat das feministische Establishment nicht nur jegliche Autorität verspielt, sich einigermaßen kompetent zu Themen der Männersexualität zu äußern. Indem Sexualität ausschließlich unter Gewaltaspekten thematisiert wurde, verriet der Mainstream-Feminismus auch den Diskurs über die Befreiung weiblicher Sexualität, der in den Anfangstagen des Feminismus noch eine entscheidende Rolle spielte. Er überließ die Sinnlichkeit Madonna, den analytischen Scharfsinn Camille Paglia und die naturwissenschaftliche Grundlagenforschung zur weiblichen Sexualität der Pharma-Industrie. Neben dem Schüren einer archaischen Sexualangst war sein einziger und wohl konsequentester Beitrag einer Lösung in Zeiten allgemeiner Verunsicherung ein von Männerhass und separatistischen Heilsideen durchzogenes Lesbentum.“

Auf diese Weise habe der Mainstream-Feminismus nicht nur Frauen und Männer gegeneinander ausgespielt, sondern auch Frauen beim Entdecken ihrer Sexualität und dem Überschreiten von Grenzen ausgebremst. So wie in feministischen Sexualmythen Männer als Unholde diffamiert wurden, erschienen Frauen als eine einheitliche Masse unendlich empfindsamer und zärtlichkeitsbedürftiger Wesen mit einer zerbrechlichen Sexualität, die nur innerhalb der emotionalen Sicherheit einer Beziehung gedeihen konnte: „In diesem Punkt waren sich konservative Parteien, katholische Kirche und das feministische Establishment einig, was im übrigen auch die seltsame Allianz erklärt, mit der alle drei mit ähnlichen Argumenten Prostitutionskritik betreiben.“ (Diese Einigkeit besteht übrigens auch auf anderen Feldern, etwa wenn es um Pornographie oder sexuelle Minderheiten wie die Sadomasochisten geht.) Dies führt Domentat zu der zugespitzten Frage: „Was wusste der Feminismus von gutem Sex, außer dass er irgendwie einfühlsamer abzulaufen hatte als ein Übergriff? Es war vor allem der Opferstatus, der den Feministinnen ein Eintrittsticket in die von einem soziologischen Zeitgeist beherrschte Diskussion bescherte, in der Privates gleichzeitig politisch zu sein hatte. Doch ein Feminismus, der Sex bevorzugt mit Sexismus oder Gewalt gleichsetzte, dessen emanzipatorische Ansprüche sich in beziehungsinternen Machtkämpfen erschöpften, der die Sinnlichkeit aufgab, korrumpierte letztlich das Geschlechterverhältnis. Seine sexualfeindlichen Botschaften trieben Männer ins Bordell und Frauen in die Therapie.“

Dass diese vorurteilsbeladene Gegenüberstellung von sexuell aggressiven Männern und erotisch sensiblen Frauen auch den Frauen selbst schadet, erkennt etwa der von Domentat zitierte Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz: nämlich wenn diese Frauen ihre starken sexuellen Bedürfnisse nicht frei äußern können, weil sie sonst befürchten, als Schlampen zu gelten. Maaz spricht hier von einem „Lilith-Komplex“, bei dem sich die Frau in eine Rolle begebe, „aus der sie den Mann mit ihren unerfüllbaren Sehnsüchten und Wünschen quält und schließlich die Beziehung mit ihren Enttäuschungen und dem Hass terrorisiert und zerstört. Die unterdrückte Lilith in ihr macht sie unzufrieden-bedürftig und lässt sie zickig-hexisch agieren, indem sie über Leiden, Klagen und Vorwurfshaltung Macht zu erlangen versucht“.

Domentat indes kehrt noch einmal zu den bemerkenswerten Verbindungen zurück, die sie zwischen dem Feminismus und der katholischen Kirche zu erkennen glaubt. Beide seien von ähnlichen moralischen Grundpositionen geprägt, nur im Falle des Feminismus gelöst von ihrem religiösen Kontext: „Erklärte die Kirche Prostituierte im Namen des Christentums zu Opfern, so tut es der Feminismus im Namen des Patriarchats.“ Wo die Gegner der Prostitution einst von Unzucht und Sünde sprachen, da sprechen ihre Enkelinnen von sexualisierter Gewalt und Ausbeutung. Domentat erinnert daran, dass sich die frühe US-amerikanische Frauenbewegung aus puritanischen Kirchenverbänden rekrutiert hatte und deren missionarisches Sendungsbewusstsein offenbar ebenso erhalten geblieben sei wie ihr Sexualpessimismus. Aus diesem Grund betrachten Publizistinnen wie Camille Paglia auch jeden Versuch als zwecklos, Feminismus und Sexarbeit miteinander auszusöhnen.

Damit der Feminismus sich nicht den Vorwurf einfange, frauenfeindlich zu sein, sei er zu einer kuriosen Doppelbotschaft gezwungen: Ja zu einer Unterstützung der Prostituierten, nein zu einer Unterstützung der Prostitution. Diese Haltung vertrat Alice Schwarzer noch im Mai 2001 in der Talkshow „Sabine Christiansen“. Als gemeinsamen Nenner dieser Zweigleisigkeit erkennt Domentat zum einen die Opferrhetorik und zum anderen das Bewusstsein, dass Männer (als Freier) Schweine seien. Besonders hilfreich sei diese Zweigleisigkeit aus verschiedenen Gründen nicht:

Zunächst einmal würden selbstverantwortliche und erzwungene Prostitution, faire und unfaire Arbeitsbedingungen miteinander vermischt, um nicht zu sagen wild durcheinandergeworfen. Zudem würden mit der Fundamentalkritik an der Prostitution die betroffenen Frauen keineswegs gestärkt, sondern ihr Stigma vergrößert. Und schließlich stützten die Klischees von potentiell gewalttätigen Männern und zerbrechlichen Frauen das Bild einer defizitären weiblichen Sexualität, die nur in der Beziehung eine Chance habe, während bürgerliche Frauen den Sexarbeiterinnen geradezu aufzwangen, dass sie unpersönlichen Sex als Demütigung empfinden sollten. Das sei aber Unfug: Ebenso wie es Jobs, Beziehungen und Alltagserlebnisse gebe, in denen sich Frauen (und Männer) erniedrigt und ausgebeutet fühlten, gebe es dasselbe auch in der Prostitution. Es gebe aber überall auch zahllose Fälle, die von diesen Nachteilen in keiner Weise betroffen seien. Domentat: „Mit ihren totalitären Positionen zur Sexindustrie haben sich die feministischen Prostitutionskritikerinnen in eine Verliererecke hineinargumentiert, aus der sie jetzt nur noch schwer herausfinden. Während sich an ihren alten Schlachtrufen heiser schrien, ging die Realität an ihnen vorbei.“ Und wieder fühlt man sich hier an die Themen Pornographie und Sadomasochismus erinnert, zu denen aktuell häusliche Gewalt hinzustößt.

Domentat schlägt vor, den Wert feministischer Prostitutionskritik an ihren praktischen Auswirkungen zu messen. So werden in Schweden seit 1999 Freier mit Geld- und Haftstrafen bis zu sechs Monaten bestraft, indem man es als Form der sexuellen Gewalt definierte, die Dienstleistungen von Huren in Anspruch zu nehmen. Die „Emma“ feierte diese Entwicklung wie besoffen in ihren Artikeln: Schließlich gelten im manichäischen Weltbild ihrer Redakteurinnen Freier/Männer grundsätzlich als Täter und Frauen/Huren grundsätzlich als Opfer. Übersehen wird, dass sich die Situation von Sexarbeiterinnen nach diesem männerfeindlichen Gesetz verschlechtert hat, und das obwohl sie ausdrücklich nicht ebenfalls kriminalisiert werden.

Allerdings sind sie jetzt zum Beispiel wieder verstärkt auf Zuhälter angewiesen, die am Auge des Gesetzes vorbei den Kontakt zu potentiellen Kunden herstellen müssen und überteuerte Wohnungen weitervermieten. „Viele tauchten in die wesentlich brutalere kriminelle Unterwelt ab, arbeiten auf Schiffen in der Ostsee oder wandern nach Dänemark aus. Das ursprüngliche Ziel, die Prostituierten vor vermeintlicher Gewalt in Form eines sexuellen Tauschgeschäftes zu schützen, verkehrte sich in sein Gegenteil: Die reale Gewalt nahm (…) zu.“ Wegen des Mangels an Freiern ignorierten viele Huren jetzt auch Alarmsignale, die von manchen Männern ausgingen und die sie früher wahrgenommen hätten.

Domentats Fazit: Feministinnen, Politiker und Lobbyisten sicherten sich ihre Existenzen, ihre Ideologien und ihre öffentliche Wahrnehmung als moralische Instanz immer wieder auf dem Rücken der Sexarbeiterinnen. Die Geschichte der Prostitution zeige, dass „wo immer die Politik sexuelle Tauschgeschäfte unterband oder restriktiv reglementierte, (…) sie die Frauen, die sie vorgab zu schützen, größeren Gefahren ausgesetzt“ hatte.

Auch Klischees über Freier werden von Domentat abgeklopft, so etwa dass diese nur an Herrschaft über Frauen interessiert seien. Radikalfeministinnen wie Alice Schwarzer schlüpfen in ihrer Phantasie in die Psyche von Freiern und erkennen diese vermeintlich als Männer in dem Machtrausch, über Frauen nach Belieben verfügen zu können. Ein anderes Vorurteil behauptet, Freier wollten nur schnelle Befriedigung und trennten dabei zwischen Körper und Gefühlen. Die von Domentat zitierte Prostitutionsforscherin Sabine Grenz widerspricht diesem Bild. Viele Freier wendeten sich vor allem deshalb Sexarbeiterinnen aus Osteuropa zu, da diese sich einfühlsamer und warmherziger als deutsche Frauen zeigten. Nähe und Zärtlichkeit seien diesen Männern wichtig. Zudem bevorzugten Freier bei Prostituierten "denselben Frauentyp wie in ihrer privaten Partnerwahl: die selbstbewusste, extrovertierte, niveauvolle, charmante und lebenserfahrene Frau, die gleichzeitig offen und authentisch kommuniziert. Lolita-Eigenschaften?

Unemanzipierte Verhaltensweisen? Fehlanzeige." Auch die immer wieder unterstellte Spaltung männlicher Frauenbilder in Huren und Heilige konnte in Untersuchungen nicht bestätigt werden. „Die Mehrheit der Männer war ganz offensichtlich nicht auf der Suche nach einer schnellen Nummer, sondern nach einer emotional authentischen und erotisch bereichernden Erfahrung.“

Anscheinend sehen viele Männer im nicht-kommerziellen Partnermarkt wenig Chancen auf eine Befriedigung ihrer Bedürfnisse. Wobei das mit der Nicht-Kommerzialität auch bei der privaten Partnersuche offenbar so eine Sache ist. Domentat: „Immer mehr Männer verweigern sich Ritualen des Kennenlernens, in denen sie auf ihre Konto- und Besitzstände abgefragt werden.“ Dem verdeckten Tauschgeschäft Sex gegen Geld (bzw. Sex gegen Sex UND Geld) zögen sie ein offenes Aushandeln vor. Das verdeckte Tauschgeschäft funktioniert Domentat zufolge auch nur noch deshalb, weil kulturelle Mythen stärker als wissenschaftliche Fakten seien: „Die Vorstellung, dass Männer mehr Sex brauchen, suchen und genießen als Frauen, hat es Frauen ermöglicht, informelle Kontrakte um die Illusion eines Mangels, einer künstlichen Angebotsknappheit herum zu konstruieren, sei es als sexuelles Tauschgeschäft oder durch die Anbahnungsrituale von Privatbeziehungen.“ Von hier aus ist es nicht mehr weit bis zu der Frage, ob viele Frauen nicht vor allem deshalb Prostituierte so scharf ablehnen, weil diese dieses Tauschgeschäft in unserer Gesellschaft unterlaufen oder gleich ganz zum Platzen bringen. Die Feminismuskritikerin Camilla Paglia erkennt es als eine Zurückweisung weiblicher Dominanz, wenn ein Mann für Sex bezahlt: „Das findet meinen Applaus, denn es ist ein Weg, seine Männlichkeit zu befreien.“ Ideal, möchte man als Leser hinzufügen, wäre allerdings eine Gesellschaft, wo Sex grundsätzlich gegen Sex getauscht wird und Männer nicht immer wieder zusätzlich einen finanziellen Bonus draufschlagen müssen, ob auf dem Partnermarkt oder im Bordell.

Domentat weist auch darauf hin, was Freier tun können, um den Fällen tatsächlicher sexueller Ausbeutung und Versklavung entgegenzuarbeiten. Sie werden die kriminellen Strukturen nicht eigenhändig zerstören können (zumal ein Mangel arbeitsrechtlicher Mindesstandards auch einen Mangel an Transparenz und Information bedeutet), aber sie können zumindest Sand ins Getriebe streuen. So nennt „Terre des Femmes“ verschiedene Anzeichen, die auf eine Zwangslage hindeuten: etwa wenn die Frau einen eingeschüchterten oder unruhigen Eindruck macht, wenn sie sich 24 Stunden im Club aufhält, keinen Kontakt zu anderen Frauen hat, das Geld nicht selbst abkassiert, bestimmte Kunden oder Handlungen nicht abweisen darf und natürlich wenn sie Spuren von Misshandlungen zeige. Tatsächlich greifen Freier ja auch immer wieder ein, indem sie etwa die Polizei verständigen, den Frauen ihr Handy leihen oder sie zu Fachberatungsstellen fahren. Reinhard Winter, Geschäftsführer der Männerberatungsstelle Pfunzkerle, sieht großes Interesse bei den Freiern, was das Wohlergehen der Prostituierten angehe: „Männer können nach wie vor über ihre `Helferseiten´ erreicht werden. Der Schutz von Frauen scheint ein tragfähiges Segment des Selbstverständnisses von Männlichkeit zu sein. Außerdem scheint bei nicht wenigen Männern eine Moral oder Ethik bei Prostitutionsbesuchen im Spiel zu sein. Zwang zur Prostitution und direkte körperliche Gewalt ist für diese Männer mit ihrem Erleben (…) unvereinbar.“ Um diese Einstellung zu stützen, führt Domentat noch eine kleine Liste mit „Tipps für Prostitutionskunden“ an, die von einer niederländischen Initiative erstellt wurde, damit der Kontakt zwischen Prostituierten und Freiern für beide Seiten möglichst angenehm verläuft. Und sie beschließt ihr Buch mit einer „Deklaration der sexuellen Menschenrechte“, wie sie inzwischen auch die Weltgesundheitsorganisation WHO von der World Association for Sexology (WAS) übernommen hat: „Nach diesem Verständnis ist nicht nur die Zwangsprostitution eine Menschenrechtsverletzung, sondern auch das“ - von der „Emma“ bejubelte - „schwedische Sexkaufverbot, das gegen die Selbstbestimmung erwachsener und freiwillig agierender Sexarbeiterinnen und ihrer Kunden verstößt.“

Arne Hoffmann, April 2003

Die Taschenbuchausgabe von „Lass dich verwöhnen“ (ISBN: 3746670462) ist gerade erschienen und kommt wesentlich wesentlich günstiger.

Auf die Taschenbuchausgabe von „Lass dich verwöhnen“ habe ich ein paar Monate gewartet. Das wäre nicht nötig gewesen, das Buch ist auch den Preis für die gebundene Ausgabe wert. Ich kenne kein vergleichbares Werk und kann es Anbieterinnen und Nachfragern gleichermassen empfehlen.

Hier noch eine etwas kritischere Besprechung:

Jungle World 28 - 02. Juli 2003
URL: www.jungle-world.com/seiten/2003/27/1214.php

Traumberuf Hure

Tamara Domentat will mit Klischees über Prostitution aufräumen und verfällt dabei in neue Stereotypen. von anke schwarzer

Eine Frau in Rock und Strapse, von der Taille abwärts fotografiert. Das weich gezeichnete Foto auf Tamara Domentats Buchcover »Lass dich verwöhnen. Prostitution in Deutschland« zeigt das klassische Bild zum Thema. Ein Kondom und Massageöl wären wahrscheinlich zu langweilig, ein Freier mit erigiertem Penis wäre zu anstößig und wenig verkaufsförderlich. Dabei ist es gerade das große Anliegen der Autorin, gängige Klischees in Sachen heterosexueller Prostitution zu widerlegen.

Drei Jahre lang hat die Autorin recherchiert, mit 140 Sexarbeiterinnen und Kunden, Projektexperten und Sozialwissenschaftlern gesprochen, und herausgekommen ist ein Plädoyer für den bezahlten Sex. In weiten Teilen der Prostitution zeichne sich ein Paradigmenwechsel ab, »weg von der Lustsklaverei, hin zu normalisierten, humanisierten, selbstbestimmten Arbeitsplätzen«, schreibt Domentat.

Sexarbeiterinnen würden weniger ihren Job selbst, sondern das damit verbundene Doppelleben als belastend empfinden. Aus Angst vor Abwertung, wenn sie offen darüber sprechen, Spaß bei ihrer Arbeit zu haben, schweigen viele Prostituierte lieber darüber – vor ihren Kindern, auf dem Amt, gegenüber Nachbarn. Domentat hat über 70 Klischees und Mythen zusammengetragen. Von einigen wusste die Welt schon lange, dass sie so nicht stimmen: zum Beispiel, dass sich Prostitution ausschließlich im Rotlichtmilieu bewegt, dass Prostituierte eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen, dass Männer ihre Besuche ohne moralische Bedenken verarbeiten oder dass allein Geldnot Frauen in die Sexarbeit zwingt. So skizzierte zum Beispiel die Neueinsteigerin Stefanie das Spektrum bindungsunwilliger Männer, die sich durch ihr Bett und ihren Kühlschrank geschnorrt und anschließend vom Acker gemacht haben: Straßenmusiker auf Durchreise, Kommilitonen im Examensstress, affärenerprobte Ehemänner. »Unterm Strich blieb ein Berg Abwasch«, resümiert die Studentin, »auf dem Strich hätte ich wenigstens Geld verdient.«

Domentat macht klar, dass es sich beim Thema Prostitution um einen Diskurs handelt, der stark identitätsbildend ist. Er beinhaltet eine Gleichzeitigkeit sowohl von selbstvergewissernden Effekten, die den eigenen Lebensstil in Abgrenzung zum Sexgewerbe bestätigen, als auch von beunruhigend-erodierenden Aspekten für bürgerliche Zeitgenossen, die auf der Suche nach einer erfüllenden Liebesbeziehung sind, nach sexueller Treue, einer Karriere in den angeseheneren Segmenten des Arbeitsmarktes, einem respektablen Platz in der Mitte der Gesellschaft. Der Autorin ist es gelungen, Pseudowahrheiten zu durchleuchten, Freier und deren Partnerinnen in den Blick zu nehmen und feministische Positionen zu überprüfen. Aber leider verfällt die Autorin in ihrem Eifer, Klischees zu widerlegen, in neue Stereotypen und antifeministische Verkürzungen.

In Deutschland bieten etwa 400 000 Frauen Sex für Geld an, so die Schätzungen. Hurenorganisationen gehen davon aus, dass hierzulande täglich 1,2 Millionen Männer die Dienste von Sexarbeiterinnen in Anspruch nehmen. Der letzten großen wissenschaftlichen Freierstudie von Dieter Kleiber und Doris Velten zufolge lag der Prostitutionskundenanteil bei 18 Prozent der sexuell aktiven männlichen Bevölkerung.

Das Bild von Frauen und Männern in nicht prostitutiven Beziehungen malt Domentat in Schwarzweißtönen. Er gibt Liebe, um Sex zu bekommen; Sie macht Sex, um Liebe zu bekommen. Während sich gewöhnliche Frauen an einer infantilen Verschmelzungsromantik berauschten und mit ihrer sexuellen Verweigerung als Machtmittel in Beziehungen eine trostlose Form erotischer Selbstermächtigung gewählt hätten, mutieren Prostituierte bei Domentat zu den wahren Feministinnen. Sie sind allesamt autonom, wirtschaftlich unabhängig und haben ein erfülltes Sexleben. Zudem widersetze sich Sexarbeit gängigen Schönheitsidealen, es sei gerade das Erfolgsrezept der Branche, dass dort Frauen arbeiten, die mehr an Menschen von nebenan erinnern als an unerreichbare Traumpartner.

Domentat zeichnet eine heile, fortschrittliche Welt des bezahlten Sex, für Widersprüche ist wenig Platz. Aber nur zum Teil lässt sich im selbstbestimmten Sexgewerbe von einem Gegenentwurf zu bürgerlichen Beziehungsmustern sprechen. Wie die Interviews zeigen, träumen auch die Sexarbeiterinnen von der Liebe, freuen sich über treue Stammkunden. Und die Freier? Die meisten Männer besuchen ihrer Ansicht nach keine Frauen, sondern eben Huren. Ungeachtet ihres eigenen Verhaltens haben Freier laut der Studie von Kleiber und Velten ein äußerst restriktives Verständnis von sexueller Treue. So wird diese sexuelle Doppelmoral gerade von den Prostitutionskunden zementiert und damit auch die Anpassungsleistung vieler Frauen an diese Norm, nämlich treu zu sein, da sie nicht nur sozial stärker akzeptiert sind als promisk lebende Frauen, sondern von Männern für Langzeitbeziehungen favorisiert werden.

Domentats Leistung ist es dennoch, an einen heiklen Punkt, der schon lange feministisches Denken entzweit, zu rühren. Sie kritisiert die Scheinheiligkeit vieler Feministinnen, die Prostitution, aber nicht die Prostituierten bekämpfen zu wollen. In feministischen Diskursen schwingen oft Opfer-Rethorik und bürgerliche Moral- und Sexvorstellungen mit, beispielsweise wenn die Warenförmigkeit der Erotik kritisiert und eine Sexualität, die angeblich frei von Tauschgeschäften und Besitzdenken sei, als Ideal hingestellt wird.

Gefährlich und unseriös wird es dort, wo Domentat behauptet, Feministinnen übertrieben das Ausmaß negativer Folgen des Sexgewerbes auf Frauen, damit sie Geld für Beratungsstellen und wissenschaftliche Forschung erhielten. Domentat macht es sich einfach, indem sie sich nur auf ein relativ kleines Segment des Sexgewerbes bezieht, nämlich auf das selbstbestimmte, teure Arrangement. Beratungsbedarf mag dort nicht nötig sein, wohl aber in den prekären Bereichen des Straßenstrichs, der Zwangs- und Beschaffungsprostitution. Auch Migrantinnen, die über 60 Prozent der Sexarbeiterinnen stellen, sind stärker auf Unterstützung angewiesen, da ihnen viele Rechte angesichts einer zunehmenden Politik der Illegalisierung verwehrt bleiben.

Es gelingt Domentat nicht, eine feministische Perspektive auf die Prostitution zu entwickeln. Sie sieht nicht, dass der Prostitution und den dafür notwendigen Deutungsmustern (»Männer brauchen Sex« oder »Sex mit der Ehefrau ist langweilig und kompliziert«) Subjektivitätsstrukturen zu Grunde liegen, die nur im Kontext patriarchaler Vergesellschaftungsprozesse entstehen und wirkungsvoll werden können. Insbesondere männliche Initiationsriten und das Male Bonding in Militär und Wirtschaft laufen über die Prostitution.

Ein großer Teil der Huren prostituiert sich aus individueller Sicht selbstbestimmt, keineswegs sind sie nur die »armen Opfer« – auch wenn es Frauenhandel und Zwangsprostitution gibt, deren großes Ausmaß seit Ende der achtziger Jahre global gesehen eine neue Qualität erreicht hat. Angesichts der großen Nachfrage der Männer nach käuflichem Hetero-Sex und der weltweiten ökonomischen Ungleichheit sollte aber die Entscheidung, sich zu prostituieren, nicht mit Freiwilligkeit verwechselt werden.

Genauso wenig freiwillig arbeiten viele Migranten als Zeitungsverkäufer auf der Straße, halten die Betriebskantine rein oder jobben bei McDonald’s – auch wenn sie froh sind, überhaupt eine Arbeit gefunden zu haben. Fatal für emanzipatorische Ansprüche wäre es, diese hierarchische Arbeitsteilung und Zuweisungsmuster als gegeben hinzunehmen oder gar noch, wie Domentat, selbstbestimmte Prostitution als »unterschätzte Möglichkeit der Umverteilung finanzieller Ressourcen« anzupreisen.

Wenn ich gerade bei den Literaturtipps bin:
Callgirl von Jeannette Angell bietet leichteren Stoff als Domentat (die Thematik ist aber ähnlich). Es gibt auch eine brauchbare deutsche Übersetzung.

Zur obigen Uebersetzung fand ich noch das Zitat „Ehrlich, mitreissend und absolut überzeugend, 14. August 2004, Rezensentin/Rezensent: phillylawyer aus Schwalbach, Hessen Deutschland:
Die meisten Leute treffen die Entscheidung, welchen Beruf sie ausüben möchten, auf die folgende Weise: ‚Ich brauche Geld, also muß ich Geld verdienen. Was kann ich gut und wie verdiene ich damit am besten?‘ Wenn sie Glück haben, machen sie das, womit sie ihr Geld verdienen, auch noch gerne. Und genau so entscheidet sich auch Jeannette Angell für ihren Zweitjob. Und genau so wie für einen Buchhalter, Verkäufer oder Lehrer der Job ein Job ist, so ist auch für Jeannette die Arbeit als Callgirl genau das - ein Job mit Höhen und Tiefen. Jeannette berichtet in „Callgirl“ offen und ehrlich über einen Job, der für die meisten Menschen etwas Anrüchiges, Unmoralisches hat. (Dabei stellt sich die Frage, warum eine Gellschaft sich das Recht nimmt, über Moral zu urteilen, wenn in ihr junge Mütter und hochqualifizierte Frauen leichthin ins finanzielle Abseits gestoßen werden, skrupellose Manager unzählige Menschen ihrer Arbeit und Altervorsorge berauben und Politiker für die eigene Machtgier Menschenleben opfern). Wer Vorurteile über Prostitution hat, wird sich ihnen in diesem Buch stellen müssen und sie hoffentlich revidieren. Jeannette spricht die gängigen Voruteile an und stellt ihnen kluge und wohlfundierte Argumente entgegen.Hier schreibt eine Frau, die nicht nur akademische sondern auch menschliche Intelligenz besitzt und sie räumt auf überzeugende und sympathische Weise mit einer Menge Klischees auf.

Das Buch beginnt mit der Entscheidung Jeannettes, als Callgirl zu arbeiten. Keine Entscheidung, die leichthin getroffen wird. Jeannette bietet einen ehrlichen und offenen Einblick in ihre Situation und ihre Gedanken und beides ist für den Leser voll nachvollziehbar. Im Laufe des Buches erfahren wir von ihren Erlebnissen im Callgirl-Geschäft - von fast liebenswerten Kunden, von denen, die man schnell wieder vergißt und von den ganz scheußlichen. Jeannette berichtet mitreißend, es ist nicht leicht, sich von diesem Buch zu lösen und ich habe es in nicht mal zwei Tagen mit größtem Interesse verschlungen. Es gibt keine schamhaften Umschreibungen von Situationen, die Ausdrucksweise ist offen und direkt und über manchen ausgefallenen Kundenwunsch habe ich schon mal überrascht den Kopf geschüttelt. Jeannette erzählt uns alles und der Leser hat teil an ihrem Leben und erhascht einen Einblick in eine Welt, die vielen von uns völlig unbekannt sein wird - die verschiedenen Aufträge, die menschlichen Enttäuschungen, der Zusammenhalt der Frauen untereinander, das Doppelleben als Universitätsdozentin bei Tag und Callgirl bei Nacht, die Drogenerfahrungen und der Verfall einer Freundin, den Jeannette verzweifelt beobachten muß.

In „Callgirl" wird die Prostitution weder glorifiziert noch verdammt, Jeanette weist auch ausdrücklich darauf hin, daß sie hier von einem Einzelschicksal berichtet und ihre Geschichte natürlich nicht allgemeingültig ist. Eine abschließende Literaturliste macht es dem Leser leicht, weitere Informationen über Prostitution zu erlangen. Man merkt - hier geht es nicht nur darum, eine Geschichte zu erzählen, sondern auch darum, die Menschen aufzuklären und mit ihren Vorurteilen zu konfrontrieren - allerdings ohne erhobenen Zeigefinger. Es ist nicht schwer zu erahnen, daß Jeannette auch in ihrem Beruf als Dozentin hervorragend ist, denn sie vermittelt Wissen auf unterhaltsame und einprägsame Art.

Man fühlt mit Jeannette, vor allem wenn wieder einmal ein Mensch sie enttäuscht hat. Normalerweise finde ich Ich-Erzähler oft wenig sympathisch, zu oft nimmt Selbstmitleid oder Selbstgerechtigkeit überhand. Jeannette aber ist durchweg sympathisch, vor allem weil man merkt, daß sie ehrlich ist und zudem auch selbstkritisch. Mit trockenen humorvollen Bemerkungen betrachtet sie ihr Verhalten, man kann über ihren Humor lachen und nur einige Seiten später stehen einem die Tränen in den Augen, wenn sie eine der traurigen Facetten ihres Lebens darstellt - auch hier stets ehrlich und ohne Selbstmitleid. Diese Ehrlichkeit, gepaart mit einer stets spannenden Geschichte und dem hervorragenden Schreibstil, machen dieses Buch zu einem, welches man hungrig verschlingt und welches einem auch nach dem Lesen nicht mehr aus dem Kopf geht." Ende Zitat
Mit Gruss-von-Oldboy-der-das-Thema-(halt)-auch-„spannend“-findet …

Sexarbeit Prostitution-Lebenswelten und Mythen

200.000 arbeitende Frauen und Männer, etwa 1 Million Kunden täglich, ein Jahresumsatz in Milliardenhöhe und dennoch kein Beruf wie jeder andere: Sexarbeit – ein Dienstleistungsgewerbe in Deutschland. Seit 2002 ist Prostitution in Deutschland ein legales Gewerbe. Prostituierte können sich kranken- und rentenversichern, Arbeitsverträge abschließen, ihren Lohn einklagen. Allerdings: die gesellschaftliche Anerkennung lässt auf sich warten. Tabuisierung und Scheinheiligkeit sind weit verbreitet. Dabei ist Prostitution seit Jahrtausenden gesellschaftliche Realität. Ebenso die dazu gehörende Doppelmoral und Stigmatisierung.
»SEXARBEIT« wirft einen Blick hinter die Kulissen, auf Licht- und Schattenseiten des Sexgewerbes: erzählt vom Arbeits- und Privatleben der Frauen und Männer, vom Kampf um rechtliche und soziale Anerkennung, vom Paradigmenwechsel in der Gesundheitspolitik, vom Umgang mit Sexarbeit in Europa und Übersee.
Die über 100 Beiträge aus Kultur- und Kunstgeschichte, Ethnologie und Soziologie, Wirtschafts- und Rechtswissenschaft werden von zahlreichen Erfahrungsberichten aus dem Arbeitsalltag ergänzt. Ein facettenreiches Panorama mit über 350 meist farbigen Abbildungen. Das Buch erscheint zur Eröffnung der gleichnamigen Ausstellung im Hamburger Museum der Arbeit am 3. November 2005. Die Ausstellung wird dort bis zum 7. Mai 2006 gezeigt, anschließend in Bonn und Berlin.

Dazu noch die Kurzkritik der taz (der ich mich anschliessen kann):

Lob der „Sexarbeit“
Nein, es ist nicht einer jener Ausstellungskataloge, die man sich als Bildungsbürger in den Schrank stellt. Im Schrank zur Schau stellt. Um zu signalisieren: Ja, ich war auch da. Aber dafür eignet sich wohl das Thema „Prostitution - Lebenswelten und Mythen“ einfach nicht so richtig. Doch auch wer seinen Voyeurismus pflegen will, ist in diesem Buch fehl am Platze.

„Sexarbeit“ ist ein opulenter Katalog, der mit Hunderten von Bildern, mit über 100 Beiträgen, Geschichten und Erfahrungsberichten Schlaglichter auf die Kulturgeschichte der Prostitution wirft. Von Tabuisierung und Scheinheiligkeit erzählt, von Doppelmoral und Stigmatisierung. Und der auch ganz gut ohne die Ausstellung auskommt, die im übrigen noch bis Ende März in Hamburg läuft.

Was als erstes auffällt: Selten ist das Layout eines Kataloges derart gelungen. Erfrischend, anders - aber keineswegs leserfeindlich. Und die Texte? Trotz einer beachtlichen Akademikerdichte in der AutorInnenschaft bleibt „Sexarbeit“ immer noch handlich und gut zu lesen. Gerne auch mal quer zu lesen. Das Thema bleibt schließlich aktuell.

Prädikat: Absolut sehenswert. Absolut lesenswert. Jan Zier

Elisabeth von Dücker/Museum der Arbeit (Hrsg.): Sexarbeit, Edition Temmen, 24,90 Euro

Das Buch kann man bei www.amazon.de bestellen. Habe ich gemacht.

Ich hab es auch von dort, der Titel in meinem vorangehenden Beitrag ist übrigens direkt mit der Artikelseite bei Amazon verlinkt.

Soben gesehen:
Zitat SOZ vom 18. Juni 2006

„Endlich auf Deutsch: Die Bukowski-Tagebücher“ und weiter „Darin bekennt sich der 70-jährige zu seiner Abneigung gegen Shakespeare und Tolstoi, räsoniert über die zunehmende Langeweile beim Ficken (kenne ich auch) und mokiert sich über die Schriftstellerkollegen, die bei ihm in der Hoffnung herumlungern, eines seiner „verrückten Weiber“ abzukriegen.“

Laut SOZ 4 von 5 Sternen. Buk ist wie kaum ein anderer authentisch, zeigt und beschreibt in einer klaren und integralen Sprache wie es sich jenseits des Hedonismuses lebt. Wahre Talente sind halt nicht immer dort wo sie die Massen vermutet.

The real dirty old man „Den Göttern kommt das grosse Kotzen“ Kiepenheuer&Witsch 158 S., 30.10 SFr.

Aber auch ich denke dass die alten, in Originalsprache veröffentlichten Gedichte und Romane weitaus besser sind. Trotzdem zum reinschmöckern sicher nicht schlecht. wenn auch der Preis von 30.10 für 158 Seiten doch etwas happig sind. Aber beim Onlinebuchhändler ist es ja manchmal wesentlich günstiger.

Und zum einstimmen klicke man mal hier:
bukowski-gesellschaft.de/home.htm