quote:Prostituierten ist es nicht erlaubt im Fensterrahmen auf Kundenfang zu gehen. Wie schwer es ist das Verbot durchzusetzen, zeigt ein Rechtsfall: Die Angeklagte argumentierte, nur leichtbekleidet am Fenster vorbeigelaufen zu sein.
Das Bezirksgericht Zürich hat einer Prostituierten, die sich in einem Fenster zur Schau gestellt hat, die Busse erlassen müssen. Der Freispruch erfolgte nicht, weil Fensterprostitution erlaubt wäre, sondern wegen eines Rechtsirrtums.
Vor gut vier Jahren hat der Zürcher Stadtrat Prostituierten verboten, sich in Schaufenstern zu präsentieren, um ihre käufliche Liebe anzubieten. Ein am Donnerstag eröffnetes Urteil des Bezirksgerichts Zürich zeigt nun, wie schwierig die Umsetzung dieser Bestimmung ist.
Zuerst hatte der Stadtrichter eine heute 41-jährige Prostituierte zu einer Geldbusse von 200 Franken verurteilt. Der Grund: Die Verzeigte hatte sich im Frühling 2005 in einer Liegenschaft an der Dienerstrasse am späten Abend am Fenster aufgehalten.
Laut der vom Stadtrichter erlassenen Verfügung hat sie dies in der erkennbaren Bereitschaft getan, der Prostitution nachzugehen. Die Frau akzeptierte die Busse indes nicht und erhob Einsprache.
Nur am Fenster gestanden
Vor dem Bezirksgericht bezeichnete sich die Prostituierte im vergangenen Herbst als unschuldig. Sie habe sich bloss leicht bekleidet am Fenster aufgehalten, und dies sei schliesslich nicht verboten, sagte sie.
Ihr Verteidiger meinte, für eine Busse hätte seiner Mandandin ein konkretes Verhalten vorgeworfen werden müssen. Da diese aber nicht mit eindeutigen Gesten auf sich aufmerksam gemacht habe, sei sie im schlimmsten Fall wegen eines Verbotsirrtums freizusprechen. Dies deshalb, weil sie gar nicht wusste, dass sie etwas Illegales tut.
Freispruch wegen Rechtsirrtum
Das Bezirksgericht ist im Grundsatz zwar dem Stadtrichter gefolgt. Es hielt fest, dass die Angeschuldigte mit ihrem Verhalten den Tatbestand der Fensterprostitution erfüllt habe. Mit ihrer aufreizenden Kleidung habe sie sich hinter dem Fenster in roter Beleuchtung zur Schau gestellt.
Damit sei ein Gesamtbild geschaffen, das ihre Bereitschaft zur Prostitution erkennbar machte, schrieb der Einzelrichter. Trotzdem sprach er die Frau frei, und zwar aufgrund eines so genannten Rechtsirrtums.
So war die Brasilianerin laut Einzelrichter aufgrund eines früheren Gerichtsurteils davon überzeugt, dass sie sich am Fenster aufhalten dürfe, so lange sie nicht winke oder mögliche Freier anspreche.<!-/quote-!>