Obwohl nichts direkt mit Kurt’s Artikel zu tun; ist dieser Beitrag aus dem Tagi von heute sehr lesens- und nachdenkenswert:
"Auf der Brautschau in der Ukraine
Der Aargauer Erich wollte seine Internetliebe Swetlana endlich treffen. Er flog in die Ukraine -doch dort wartete Sergei.
Zürich. - E.R.kennt die Frauen. Er hat seine Erfahrungen mit Schweizerinnen und mit solchen aus allen möglichen Ländern. Der 42-jährige Anlage- und Versicherungsberater aus B. weiss: Die Schweizerinnen wollen nur gut versorgt sein. Und die Asiatinnen, die vermissen das Meer, die Familie, kurz „die seckeln dir früher oder später ab“. Erich lehnt sich auf dem Stuhl zurück, die Goldkette blitzt unter dem weinroten Hemd, er fährt sich über den Schnauz: Die Frauen aus der Ukraine hingegen, die hätten kaum Ansprüche. „Mich hat noch keine so wenig gekostet wie Elina.“ Elina war letztes Jahr auf Besuch bei ihm. Aber sie hat sich hier nicht zurechtgefunden, war zu introvertiert - „das sieht man eben erst, wenn sie hier sind.“ Aber gefallen tut sie ihm immer noch. Erich zeigt auf das Foto einer blonden Frau, das auf seinem Pult steht.
Die dunkelhaarige Larissa - ihr Porträt hängt gross an der Wand - die will er noch in die Schweiz holen. „Doch bis du so eine für eine Woche hierher bekommst, hast du ein halbes Jahr Arbeit. Bei diesem Papierkram löscht es jedem andern ab.“ Wieso denn dieser Aufwand? „Frauen aus der Ukraine sind unverdorben, herzensgut und sie können arbeiten.“ Elina und Larissa hat Erich durch ein deutsches Partnerinstitut kennen gelernt - „3000 Stutz, nur um Fotos anzuschauen“. Den Vorwurf, sich eine Frau zu kaufen, lässt er nicht gelten. „Sympathie und Gefühle kannst du nicht bezahlen.“
Swetlanas Wunschliste
Zweimal war er via Vermittlung in der Ukraine - Ferien würde er dort niemals machen. Für Swetlana flog er ein drittes Mal nach Kiew - und das erst noch im kalten Winter. Aber Swetlana, dachte er, die ists wert. Swetlana hat er im Internet unter „PartnerWinner.ch“ kennen gelernt. 34, Skorpion, Krankenschwester - sie wolle auch in der Schweiz arbeiten - das überzeugte ihn. Schon nach zwei Tagen hatte er ihr Foto auf dem Bildschirm: Blond, verführerisch posierend, „eine gewaltige Frau“. 20 Mails in zwei Monaten, blitzartig reagierte sie auf seine Fragen - seitenlang, in perfektem Deutsch. Erich war überwältigt, erstmals konnte er sich mit einer Russin richtig unterhalten. Verliebt? „Kann man so sagen. Heiraten wäre schon die Idee gewesen.“ Vorerst aber ging Erich einkaufen: Hautcrème Marke „Dior“, Schwarztee „Lipton“, Kaffee „Mövenpick“, Praliné „Ferrero Küsschen“ - Swetlanas Wunschliste war lang.
Sie werde ihn am Flughafen abholen, versprach sie. Erich war „grausam nervös“. Doch Swetlana kam nicht. Dafür wurde er von Sergei, offenbar einem Freund Swetlanas, begrüsst. Es folgten sechs Stunden Autofahrt nach Sumy, rund 400 Kilometer östlich von Kiew gelegen. Dort traf er Swetlana. Sie sah der Frau auf dem Foto ähnlich - mehr nicht. Schlimmer: Swetlana sprach kein Wort Deutsch, „weder ja noch nein“. Und an Erich zeigte sie null Interesse. „Es gurkte mich an“, sagt er heute. „Was soll ich mit einer, mit der ich nicht reden kann?“ - Wieso spricht er kein Russisch? „Will ich in der Ukraine leben oder sie in der Schweiz?“
Allein mit der Wodka-Flasche
Eine Woche ohne Frau im öden Sumy ist lang. „Sergei, du kennst doch sicher noch andere Frauen.“ Kaum gesagt, wurde ihm die bildhübsche Ira vorgestellt. „Genau mein Typ, Claudia Schiffer kann da einpacken.“ Aber zum gemeinsamen Kaffeetrinken kams nicht. Sergei wollte 2000 Dollar - Erfolgshonorar. Ansonsten würde er Ira nie wieder sehen. Erich verbrachte Silvester allein mit einer Wodka-Flasche.
Zuletzt sei er schlicht und einfach froh gewesen, wieder lebend im Flugzeug zurück nach Zürich zu sitzen. Die Enttäuschung, die kam später. Das Materielle sei das eine - das Abenteuer hat ihn rund 2500 Franken gekostet. Weit mehr getroffen habe ihn, dass so mit seinen Gefühlen gespielt worden ist: „Das ist das Bitterste, was man einem Mensch antun kann.“ Dagegen will er etwas unternehmen. Erich sucht Männer, die im Internet ebenfalls auf ukrainische „Traumfrauen“ reingefallen sind. Noch hat sich keiner gemeldet - aus Scham, vermutet Erich. Erich hat jedenfalls genug von Russinnen, oder? Er grinst und stellt den Computer an: „Simmer ehrlich“, sagt er. Auf dem Bildschirm erscheinen die Porträts heiratswilliger Frauen. „Simmer ehrlich - ich war wohl nicht das letzte Mal in der Ukraine.“