BLICK-Reporterin Claudia Landolt über ihren Hilfsjob im grössten Puff der Schweiz
Nackt bis auf den Ehering
Schwerzenbach ZH. Alles ganz schön blutt hier. Im «Globe», dem grössten Schweizer Erotik-Club, hat nur das Putzpersonal viel an. Ein Erlebnisbericht aus der neuesten Schweizer Lust-Oase.
Es herrschen nackte Tatsachen. Kaum betritt der Besucher den stilvollen Empfangsraum, und an diesem Donnerstag kommen sie alle paar Minuten, gehts zur Sache: Runter mit den Anzügen, her mit den Adiletten, Badetuch und Garderobenschlüssel, schnell den Eintrittspreis von 90 Franken begleichen, und hopp! unter die Dusche. Nach Honig duftend trippeln die lustsuchenden Herren der Schöpfung dann zur Bar, dem Herzstück des 1700 m2 grossen Clubs mit «Sex around the world» (Eigenwerbung).
Ich selbst bin als Fräulein Wallraff im «Globe»-T-Shirt hinter der Bar und verschaffe mir einen Einblick, wie das so ist, wenn Männer ihren ausserhäuslichen Triebstau loswerden wollen. Ausser der Putzfrau, der Empfangsdame und dem Geschäftsführer, einen ehemaligen Sittenpolizisten, bin ich die einzige mit etwas auf dem Leib, was ich getrost als Kleidungsstück bezeichnen darf. Um mich herum: Pobacken wie Pfirsiche, spitze Brüste und samtene Bäuche. Mädchen wie Paradiesvögel. Und nackte Männer. An diesem Tag insgesamt 60. Vorwiegend ältere Semester: guter Mittelstand mit grossem Portemonnaie und viel, viel Zeit für die Lustwandelei fernab vom Alltag.
Noch aber sitzen sie schweigsam an der Bar und trinken Mineralwasser, Cola oder Kaffee, denn Alkohol kostet extra. Nackt bis auf den Ehering und mit dem pastellgelben Frotteetuch um die Hüften. «Ist wenigstens ehrlich, oder?», sagt Deborah, eines der 15 Mädchen heute Abend. Wo sie Recht hat, hat sie Recht. Deborahs Hobby ist die Astrologie: «Jedes Sternzeichen mags anders im Bett. Ich führe eine Statistik.» Interessant! «Grässlich im Bett» seien Zwillinge, Widder seien zärtlich, aber notorisch untreu, Waagen unentschlossen und «Fische, uh, die sind im Leben so schlaff, aber im Bett das Gegenteil.» Gerade als ich fragen will, wie denn Skorpione seien, ruft die Arbeit für Debbie: ein Kunde. «Der schlägt super», raunt mir die Bardame zu, die seit 30 Jahren im Geschäft ist. Aha.
Gegenüber bändelt ein grauhaariger Monsieur mit Jenny an. Sie ist sehr jung, sehr blond und sehr hübsch. Ich höre das Stichwort «anal», sie schüttelt den Kopf, der Grauhaarige rutscht einen Stuhl weiter. Jenny raucht Kette wie so viele der Mädchen hier. Vor ihr steht ein Louis-Vuitton-Täschchen mit Kondomen. Ihren Job macht sie seit einem Jahr. «Wegen des Geldes. Bis ich genügend auf der Seite habe, um nicht mehr arbeiten zu müssen», erzählt sie. Jenny gehört zu den Grossverdienerinnen, macht gut und gern fünftausend Franken die Woche. Ihre Freundin Sandra ist die Schönste im Club. Sie wird gerade von einem sehr, sehr älteren Semester aufgegabelt. Der vor ein paar Minuten noch über Knieschmerzen jammerte und nun, Libido sei gepriesen, pudelnackt in den Pool hüpft. Ach ja, der Pool. Hierhin zieht es alle. Ein bisschen Warmlaufen, dann Abrechnen (eine halbe Stunde «Normal» kostet 120 Franken) und ab in eins der sieben Zimmer. Jedes ist nach einer Hauptstadt oder einem Land benannt. «Sambia» ist lustigerweise immer voll, die Alpöhi-Chalets dagegen weniger. «Weil die Matrazen zu weich sind», sagen die Mädchen.
Ich habe viel gelernt heute.
grüsse Pinki