Nun sehe ich mich doch noch gefordert, zum Themenkreis dieses Threads vielleicht doch noch differenzierter Stellung zu nehmen, zumal nun die Diskussion innerhalb weniger Tage für mein Empfinden sich nunmehr erheblich vom ursprünglichen Thema weg bewegt hat.
Ich habe meiner Entrüstung gegenüber dem Zürcher Amtsschimmel bereits vor einigen Tagen Luft gemacht, und bin der Zürcher Regierung im Besonderen kurz an den Karren gefahren. Zürich ist, ob man das wahrhaben will oder nicht, der Ort, wo man notorisch der Meinung ist, man könne „Missstände“ welcher Art auch immer sofort durch repressive Gesetze lösen. Diese Geisteshaltung zeigt nur erneut, dass die vor Biederkeit strotzende hiesige Geisteshaltung , die über Jahrhunderte kultiviert und gehegt worden ist , noch immer präsent ist. Sie ist hier historisch seit Jahrhunderten durch ein durch und durch bürgerlich biederes Empfinden nachweisbar- von dem heute auch die Sozis nicht ausgeschlossen sind, im Gegenteil, das aber N.B. auch die Zürcher SVP und früher den Fichen-Cincera (Gott hab in Selig) hervorgebracht hat.
Sichtlicher Ausdruck davon ist das Frühjahrsfest, bei dem sich die hiesige und übrige helvetische Oligarchie selbstgefällig und selbstzufrieden der Öffentlichkeit präsentiert und sich zu ihr herablässt.
Mit eben dieser Gesinnung und Arroganz der Zürcher Regierung hat sich im 18.Jh. auch der symptomatischerweise erst in England erfolgreiche Zürcher Maler Johann Heinrich Füssli angelegt. Mit Lavater stellte er sich 1762 zu recht gegen die Verfehlungen Grebels, des zwielichtigen Landvogts von Grüningen) und deckte diese auf, mit dem Resultat, dass er trotz seiner Beweise und seines rechtmässigen Handelns des respektlosen Verhaltens gemassregelt wurde, und die Stadt verlassen musste.
Warum schreibe ich das hier ?
Weil ich der Meinung bin, dass dieser eben historisch gewachsene biedere Schildbürgerstreich gegen die Ostfrauen im Business der Prostitution, nichts anderes ist als Ausdruck der zürcherischen Mentalität, zu gesetzlichem Aktivismus. Es ist typisch, dass hier wieder einmal Zürichs Regierung das Ruhmesblatt zukommt, aktiv geworden zu sein in einer Sache die nun letztlich unerheblich ist (dazu mehr später).
Ja auch ich bin der Meinung, dass es keinen rechtsfreien Markt gibt und geben darf, doch jene, die die Verantwortung tragen, Gesetze zu verabschieden, sollten sich der Tragweite ihres Handelns bewusst sein, und zunächst die Verhältnismässigkeit und Sinn derartiger Gesetze ausloten. Und da hapert es bei diesem von Aktivismus getriebenen , und von der“ Santa Rita di Pfäfficonne“ abgesegneten Handeln gewaltig.
Als Ausgangspunkt des Gesetzes wurde zum Problem erkürt, dass zu viele Ostfrauen zur Ausübung der Prostitution in die Schweiz migrierten , wobei man vergessen hat zu sagen "temporär“ migrierten. Den praktisch keine der Wgs aus den ehemaligen Ostblockländern bleibt in der Schweiz.
Wenn dem so ist, worauf zielt dann das Gesetz. Will man die heimischen Hürchen und jene der umliegenden und alten EU-Länder protektionieren ?
Ich glaube kaum dass der Frau Furrer und anderer ihrer Untergebenen die Schweizer Nüttchen und jene aus den teutonischen Landen so sehr am Herzen liegen, um deshalb eigens ein Gesetz zu verabschieden.
Und ich glaube auch, dass es der Zürcher Regierung eigentlich egal ist, wer, resp. welche Nationalität sich in den Etablissements anbietet, die Hauptsache sie kommt irgendwie zu ihren Steuern und sie hat keine Probleme mit den „Weibern“.
Von Interesse müsste es allerdings sein, dass die Prostitution in geregelten Bahnen ausgeübt wird, und das im Interesse der Menscherechte, insbesondere jener der Frau.
Mit diesem selbstherrlich verabschiedeten Gesetz, sind wiederum die Schwächsten die Leid tragenden, nämlich die Prostituierten namentlich jene nun ausgeschlossenen aus dem Ostblock. Sie werden aus Gründen, die ich bereits angesprochen habe, zurück in die Illegalität gedrängt, in eine geschwächte Position und in Stress mit all den unerfreulichen Nebenwirkungen, die nun wiederum zu Nebenkosten (Therapien, etc. etc. ) führen.
Ein weiterer Aspekt ist jener der Juristerei selbst.
Ich bin zwar selbst nicht Jurist, aber der gesunde Menschenverstand, den ich mir nun einmal zuschreibe, sagt uns, doch, dass da in diesem Gesetz gewaltige Probleme aufkommen werden, dann nämlich, wenn sich die Bordellbetreiber darauf berufen, dass dieses Zürcher Bünzli-Gesetz gegen die bilateralen Abmachungen mit der EU, denen sich auch Zürich nicht entziehen kann, verstösst, und dann die hängigen Fälle bis zu Bundesgericht weiterziehen.
Hey buddies von der juristischen Fakultät, da kommt Arbeit auf Euch zu…!
Es ist halt schon so, wenn einer ein Gesetz verabschiedet, sollte er zunächst handeln wie ein Schachspieler, und nicht bloss an den betreffenden Zug, sondern an den nächsten , übernächsten usw…denken.
Mit anderen Worten sollte man sich der Folgen einer Bestimmung bewusst sein.
Im betreffenden Fall ist dies ein Schritt zurück in die Illegalität, die alle jene Lippenbekenntnisse der Politiker Lügen straft, die da behaupten, sie wären an einer geordneten Prostitution interessiert. Entweder handelt es sich da um „mala fede“ narzisstischen Aktivismus, Biederkeit nach dem Motto „uhh Prostitution ist schlimm und darf es nicht geben und muss bekämpft werden (sind die Windmühlen auf dem Uetliberg?)“ oder schlicht und einfach um pure Ignoranz.
Galeotto