Mit der vom Zürcher Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) verfügten Massnahme, dass die Prostituierten aus den neuen EU-Ländern seit dem 01.Juni 07 nicht mehr als selbständig Erwerbende gelten und somit eine Arbeitsbewilligung einholen müssen, geht es nicht primär um den Schutz der einheimischen und der aus den alten EU-Ländern stammenden Sexworkerinnen vor Lohndumping.
Frau Tschopp, Sprecherin des AWA sagt’s ja klar und deutlich: Die Massnahme zielt auf die Salonbetreiber (sie meint wahrscheinlich die „Grossen“ im Geschäft, nicht die kleinen Studios), die aktiv offenbar immer mehr Frauen aus den neuen EU-Ländern anwerben. Ihnen soll nun dieses Anwerben erschwert werden.
Denn: 2006 hat die Zürcher Stadtpolizei 4461 Prostituierte registriert, was einer Zunahme um 499 oder 11% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Diese „Neuen“ stammen offenbar mehrheitlich aus den neuen EU-Ländern, besonders Ungarn.
Dennoch wirft die neue Regelung einige Fragen auf:
Die jährliche Zunahme der Anzahl Prostituierten in der Stadt Zürich war 2006 nicht etwa besonders hoch, sondern etwa gleich, wie in den vergangenen 4 Jahren. Warum also gerade jetzt der Handlungsbedarf?
Die Anzahl der erfassten Prostituierten gibt nicht die tatsächliche Anzahl derjenigen Frauen wieder, die real der Prostitution nachgehen, da es ja keine Abmeldepflicht gibt und viele Frauen nur kurz hier bleiben, also das 90-tägige Bleiberecht gar nicht beanspruchen. Eventuell finden also nur Verschiebungen innerhalb der Branche statt, viele „Neue“, die aber rasch wieder verschwinden, wobei die Gesamtzahl unverändert bleibt. Es ist also noch viel zu früh, von einer echten Zunahme der Prostitution zu sprechen!
Die Massnahme des AWA kam überraschend, es fand vorgängig keine intensive politische Diskussion über die Probleme mit der zunehmenden Prostitution in Zürich statt, kein Politiker oder Partei versucht sich hier zu profilieren, also scheint es ein reiner Verwaltungsentscheid zu sein?
Mit der Bewilligungspflicht sind auch die Möglichkeiten der Behörden gestiegen, die Kontrolle über die Salons zu intensivieren. Eventuell sind auch finanzpolitische Interessen dahinter ?
Was versteht man unter einer selbständigen Tätigkeit? Ob die Frauen, die in einem Club , in Analogie zu anderen Berufsgruppen, sich an einen Tagesplan oder an gewisse Regelungen betreffen Abgabe / Platzmiete etc. halten müssen, dadurch ihren Selbständigen –Status trotzdem beibehalten können oder bereits als Angestellte gelten ? Das wird sicher die Juristen die nächsten Jahre beschäftigen.
Was mit solch einem schnellen Verwaltungsentscheid aber ausgelöst wird, ist noch nicht abzusehen.
Die Prostitution hat sich dank der liberalen Haltung der Behörden weitgehend in Salons und Clubs verlagert, weg von der Strasse und ist damit auch entkriminalisiert worden. Organisierte Banden, die das Sexgewerbe kontrollieren, wie in anderen Grossstädten, Schlepper, Zuhälter spielen kaum mehr eine Rolle.
Wird nun die für die Frauen weitaus unsichere Strassenprostitution wieder zunehmen?
Werden die Salon-betreiber, wie von einer Vertreterin angekündigt, wieder vermehrt illegal anwesende Frauen beschäftigen ?
Alles in allem ein klarer Rückschritt gegenüber der jetzigen Situation.
Und eines steht fest, nämlich dass die Sexworkerinnen am Ende die Verliererinnen sein werden.